Jeder, der schon einmal fotografiert hat, kennt das Problem: Man läuft durch eine fremde Stadt und fotografiert, was das Zeug hält und später, zu Hause betrachtet man die Fotos und ist enttäuscht über die Ergebnisse. Insbesondere die häufig auftretenden "stürzenden Linien", die dadurch entstehen, dass man Gebäude aufnimmt und keinen ausreichenden Abstand bekommt. Um dann das Gesamtbild überhaupt zu bekommen, wählt man eine Weitwinkel-Erfassung und diese lässt dann die eigentlich senkrecht stehenden Mauern in den Randbereichen des Bildes oben nach innen kippen. Derjenige, den das nicht stört, braucht hier nicht mehr weiter zu lesen. Wer jedoch gern etwas tun möchte, um im Nachhinein seine Bilder so zu korrigieren, um die stürzenden Linien wieder aufzurichten, den wird der folgende Tipp sicher interessieren.

Natürlich kann ein Eingriff in ein Originalbild niemals erfolgen, ohne gewisse Kompromisse zu fordern. Wenn wir stürzende Linien haben, ist das Bild im oberen Bereich etwas optisch gestaucht. Wollen wir diese Stauchung aufheben, ziehen wir den oberen Bildteil dabei auseinander. Wenn sich also in den oben Ecken des Bildes wichtige Details befinden, kann es geschehen, dass sie bei der Korrektur aus dem Bild herausfallen. Man muss halt selbst entscheiden, was einem persönlich wichtiger ist.

Nun zur Praxis. Das Programm meiner Wahl ist The Gimp, ein Open-Source Freeware-Programm mit einer phantastischen Ausstattung. Es ist für den Einsteiger etwas gewöhnungsbedürftig, da es aus der Linux-Welt stammt und auch heute noch das Basislayout der Linux-Programme von vor einigen Jahren. Es lohnt sich jedoch auf jeden Fall, sich dieses Werkzeug einmal näher anzuschauen. Nach dem Start des Programms und Öffnen der gewünschten Bilddatei, präsentiert sich The Gimp mit drei eigenständigen Fenstern, der Toolbox, dem Bearbeitungsfenster und dem Ebenenmanagement:

Das sind die Fenster, die The Gimp uns zeigt. Links die Toolbox mit allen Funktionen rund um die Bearbeitung der Bilder, rechts das Bearbeitungsfenster und unten noch das Ebenenmanagement. Im Bearbeitungsfenster kann man sehr gut erkennen, dass die Mauern der Häuser oben nach innen zu kippen scheinen. Das wollen wir im nächsten Schritt ändern. The Gimp gibt uns dazu ein sehr komfortables Instrument an die Hand.

Ebenen

Mit den einzelnen Funktionen des Programms muss man sich erst vertraut machen, da die Symbole nicht bezeichnet sind. Fährt man jedoch mit der Maus darüber, erhält man einen kurzen Hinweis angezeigt.Das vierte Symbol in der dritten Zeile bezeichnet das Perspektiven-Werkzeug. Dieses wählen wir nun aus.

Das Perspektiven-Werkzeug ist im Grunde ein Transformationswerkzeug, denn es wird das Bild gezielt verzerren. Um nun den gewünschten Effekt zu erzielen, müssen wir darauf achten, die gewünschte Transformationsrichtung zu wählen, bevor wir weitermachen.

In unserem Fall wählen wir die Transformationsrichtung Rückwärts (korrigierend). Die übrigen Einstellung lassen wir unangetastet.

Man kann nun sehr schön erkennen, dass im Bild Linien zu erkennen sind, die vorher noch nicht da waren. Nachdem wir das Perspektiven-Werkzeug ausgewählt haben, ist es uns möglich, mit der Maus (linke Taste gedrückt halten) die Ecken des Bildes zu fassen und ein Stück nach innen zu ziehen. Wir lassen los, wenn die angezeigten Linien für unser Auge parallel zu den stürzenden Linien im Bild verlaufen. Das Programm öffnet uns nun noch ein weiteres Fenster:

Hier werden uns ein paar Informationen über die eingestellte Transformation gegeben, die uns aber in der Regel nicht viel sagen dürften. Es spielt auch keine Rolle, da wir die Transformationen nach unserem Augenmaß eingestellt haben. Das reicht in der Regel immer aus.

Nach einem Mausklick auf den Button Transformation wird der Befehl dann ausgeführt und sofort angezeigt.

Ergebnis Das Ergebnis lässt sich sehen. Die Linien sind gerade und machen den Eindruck eines aus größerer Entfernung aufgenommenen Fotos.

Das war es auch schon. Es bleibt nur noch, das Bild zu speichern. Man sollte aber das veränderte Bild unter einem anderen Namen speichern, denn es kann sein, dass wir das Originalbild noch brauchen.

Ich will jedoch nicht verschweigen, dass es bei extrem stürzenden Linien dazu kommen kann, dass das Bild nach der Korrektur in der Höhe gestaucht wirkt. Dabei handelt es sich nicht um ein Problem von The Gimp, sondern es handelt sich um eine Auswirkung der Bildkorrektur an sich. Wenn es also notwendig werden sollte, das Bild nach Korrektur der Perspektive auch noch in der Höhe zu korrigieren, geht man so vor:
Man wählt in der Toolbox das Messwerkzeug aus und misst im Bild die Pixel zwischen zwei Punkten, die aussagekräftig sind. Es bieten sich zum Beispiel die Ober- und Unterkante eines Fensters an. Man misst im Originalbild und im bearbeiteten Bild das selbe Fenster und notiert sich die Pixel für beide Messungen. Daraus kann man nun mit dem Taschenrechner einen Verhältniswert errechnen. Das Ergebnis ist der Prozentsatz, um den das bearbeitete Bild nach oben verlängert werden muss.
Man wählt nun im Menü Bild im Bearbeitungsfenster den Menüpunkt Bild skalieren. Es öffnet sich ein weiteres Fenster, in dem wir nun die Eingaben vornehmen, um das Bild in die Höhe zu strecken. Sofern in dem Fenster noch nicht die Pixel des Bildes angezeigt werden, sondern eine andere Maßeinheit, schalten wir auf die Pixel um und sehen nun den Pixelwert für die Höhe des Bildes. Ein Symbol, das Ähnlichkeit mit einer 8 hat, verdeutlicht, dass das Verhältnis von Höhe zu Breite des Bildes fest verankert ist. Das ist jedoch für unser Vorhaben nicht erwünscht, denn wir wollen ja genau das Gegenteil - wir wollen nur die Höhe des Bildes verändern. Deshalb klicken wir mit der Maus auf das Symbol, welches daraufhin erscheint, als sei es in der Mitte zerbrochen. Jetzt können wir jeden Wert einzeln verändern, ohne befürchten zu müssen, dass auch der andere Wert sich automatisch ändert. Wir multiplizieren den Pixelwert der Höhe des bereits veränderten Bildes mit dem weiter oben errechneten Verhältniswert und erhalten einen Pixelwert, der etwas größer ist, als der bisher angezeigte Wert. Wir ersetzen ihn durch den neu errechneten Wert für die Höhe des Bildes und veranlassen die Ausführung. Das Bild verlängert sich ein Stück und nun erscheinen auch die Gebäude und Fenster nicht mehr gestaucht.

Links zu The Gimp:

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